Kunst, Kunst, Künstler – Tamara de Lempicka

Kunst, Kunst, Künstler – Tamara de Lempicka

[dropcap]D[/dropcap]er Name Tamara de Lempicka sagt euch nichts? Ja, ok.. kann gut sein. Sie ist auch wirklich nicht unbedingt weltberühmt und taucht auch sicher nicht im nächsten Pubquiz als Lösung auf… Aber vielleicht habt ihr ihre Bilder schon einmal gesehen. Die sind jedenfalls toll und deshalb ist Tamara de Lempicka auch dabei bei „Kunst, Kunst, Künstler“

Ja, vielleicht habt ihr die Bilder mal gesehen und sie sind euch gar nicht aufgefallen… Zum Beispiel in diesem Video von Madonne – Open your heart *klick* (die Herren im Hintergrund). Madonna ist so begeistert von Tamara de Lempickas Werken,dass sie wohl eine sehr große Sammlung besitzt…

In den 20er Jahren war Tamara de Lempicka aber wohl wirklich bekannt. ein großer Name der High Society New Yorks und Paris. Sie gilt praktisch als einzige Malerin des Art decó, allerdings lässt sich ihre Kunst keiner Richtung wirklich perfekt zuordnen. Das ist aber im Art decó meiner Meinung nach weit verbreitet… diese Kunstrichtung ist ja quasi unheimlich zusammengewürfelt… sehr experimentell. Also passt Tamara de Lempicka sehr gut dazu! Anders zu sein.. das passte zu ihr. Sie ist eine Ikone der beginnenden Emanzipation, des Aufbruchs, der Moderne. sie zeigt die neue Frau: selbstbewusst, unabhängig, frei!

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Tamara wird 1895 in Moskau als Maria Gorska geboren. Sie ist das mittlere von drei Kindern, doch viel Zeit verbringt sie nicht mit ihrer Familie, denn diese bricht nach der Scheidung ihrer Eltern auseinander – sie wohnt bei reichen Verwandten in St. Petersburg. Ab ihrem 14 Lebensjahr besucht sie ein exklusives Internat in Lausanne und beginnt zwischen ihrem Studienort und St. Petersburg hin und her zu reisen. Tamaras Mutter heiratet schließlich erneut, was der Tochter so gar nicht passt. Sie beschließt nicht mehr nach Hause zurückzukehren und ergreift die Möglichkeit  den jungen Anwalt Tadeusz Lempicki zu heiraten. Tamara wird Mutter: Maria Krystyna, genannt Kizette wird ihr einziges Kind bleiben. Ein Jahr darauf, nach der Oktoberrevolution von 1917 nehmen die Bolschewiken Tadeusz gefangen,. Tamara beschließt jedoch, sich von diesem Umstand nicht ihr Leben verpfuschen zu lassen. Sie schläft mit einem Diplomaten und erhält dafür Tadeusz Freilassung. Der Umstand stört sie nicht… Monogamie gehörte nie zu ihrem großen Plan.

Das Paar flieht nach Paris und Tamara beginnt 1918 ihr Studium an der Kunstakademie. Ihr Familienschmuck ernährt die Familie: Stück um Stück wird verkauft, während Tamara Tag und Nacht an ihrer Kunst arbeitet. Sie beschließt ihren Namen in „de Lempicka“ zu ändern – schließlich haben alle interessanten Leute in Paris ein „de“ vor dem Namen…

Ihre ersten großen Erfolge feiert Tamara de Lempicka schließlich auf der Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes… Der Begriff  Art decó geht auf diese 1925 stattfindende Ausstellung in Paris zurück. Tamara weiß genau was sie tut: Jeder, der ihr schön oder wichtig genug vorkommt erhält von ihr die Bitte oder das Angebot von ihr porträtiert zu werden – und mit ihr das Bett zu teilen: Schriftsteller, Ärzte, Industrielle – sie alle zahlen gut für ihre Portraits und so kann Tamara endlich das Leben führen, von dem sie immer geträumt hat: Sie lebt in Designerhäusern, die sie natürlich selbst geschmackvoll einrichtet und trägt Kleider direkt vom Laufsteg. Alles ist aufeinander abgestimmt, selbst die Kleidung den sie beim Fahren trägt passt zum Auto.

Tamara de Lempicka feiert extravagante Parties. Einmal lässt sie die Kelnerinnen bei jedem gang ein Kleidungsstück weniger tragen – am Ende laufen diese nackt herum. Das hat ihr sicherlich gefallen, denn ihre Affären beschränkten sich nicht nur auf Männer. Die soziale Herkunft ihrer Partner ist ihr egal… Matrosen, Showgirls, Prostituierte und auch von ihnen fertigt sie Portraits an.

1928 hat Tadeusz jedoch die Schnauze voll – die beiden lassen sich scheiden. Auch ihre Tochter vernachlässigte Tamara…. kaum einer wusste, dass dieses Mädchen auf dem Bild „Kizette“ Tamara de Lempickas Tochter ist. Sätze wie „Ich habe keine Kinder; meine Kinder sind meine Gemälde.“ haben hierzu wohl beigetragen, ebenso wie Kizettes Unterbringung in Internaten oder bei ihrer Oma. Eine Zeit lang gibt Tamara sogar vor Kizette sei ihre Schwester… als eigenes Geburtsjahr gibt sie 1898 an – dieses Jahr steht noch heute in vielen Büchern als ihr Geburtsjahr. Jedoch zeigt eine wunderbare Serie von Portraits, dass Tamara ihre Tochter doch geliebt haben muss. Die nutzte dem Mädchen nur herzlich wenig…

Kizetts Vater ist ebenfalls nicht für seine Tochter da, doch darüber redet niemand, denn schließlich ist das ja auch die Aufgabe der Mutter.. oder WAR die Aufgabe de Mutter. Frauen wie Tamara Lempicka haben wir es zu verdanken, dass  zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Frau aus ihrer engen, abhängigen gesellschaftlichen Rolle befreit wird. Die beste Tat der Mutter besteht wohl darin die Tochter zu beginn des Zweiten Weltkriegs aus dem besetzten Paris zu holen und nach Amerika zu bringen, wo sie selbst seit einiger Zeit mit einem neuen Ehemann, dem ungarischen Baron Raoul Kuffner, wohnt. Beverly Hills ist ihr Zuhause, später New York.

Nach dem Krieg interessieren sich nur noch wenige für Tamara de Lempickas Kunstwerke. Zwar versucht sie es noch einmal mit dem 50er-Jahre Expressionismus, und präsentiert ihr neues Werk 1962 bei einer Ausstellung in New York, doch das Interesse bleibt aus. De Lempicka ist enttäuscht und beschließt nie wieder etwas auszustellen. Schließlich stirbt ihr Mann Raoul und Tamara zieht Hals über Kopf zu ihrer Tochter nach Houston. Man kann sich vorstellen, wie begeistert Kizette gewesen sein muss, nämlichkaum. Tamara de Lempicka muss in ihren späten Jahren wohl sehr schwierig gewesen sein – sie konnte wohl mit dem Älterwerden nicht gut umgehen. Da hilft auch ein kleiner Aufschwung nach einer gelungenen Ausstellung 1966 nichts mehr (nicht von ihr organisiert… ihrem Schwur blieb sie treu.)

Gegen den körperlichen Verfall ankämpfend zieht Tamara de Lempicka 1978 noch ein letztes ml um: nach Mexiko. Sie erhofft sich dort unter jungen Aristokraten einen letzten Schimmer ihres alten Lebens wiederzufinden. am 8. März 1980 stirbt sie im Schlaf, Kizette ist an ihrer Seite und streut die Asche ihrer Mutter wunschgemäß auf dem Gipfel des Vulkans Popcatépetel aus.

Schade, dass Tamara de Lempicka nicht mehr miterleben kann, wie hoch ihre Werke heute gehandelt werden. Diesen Erfolg hat sie sich erkämpft: Tamara de Lempicka wusste immer genau, was ihr gefiel, was sie schön fand, wie ihre Kunstwerke sein mussten. Sie verbrachte viel Zeit in Museen und schaute sich bei ihren Vorbildern gezielt ab, was ihr gefiel; was sie selbst umsetzen wollte.  „Ich war die erste Frau die sauber gemalt hat. Das war die Grundlage meines Erfolgs.  Aus hundert Bildern werden meine immer komplett herausstechen. Daher fingen die Gallerien an meine Werke in ihren besten Räumen auszustellen, immer in der Mitte, weil mein Stil attraktiv ist. Er ist präzise. Er ist vollendet.“

 

Was haltet ihr von dieser starken, außergewöhnlichen Frau? Genial oder NoGo? Unabhängig davon sind ihre Bilder jedoch genial, oder?

 

Unterschrift

 

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Caspar David Friedrich

Peter Paul Rubens

 

 

P.S.: wie bei allen Beiträge der Serie Kunst Kunst Künstler bedanke ich mich bei Posterlounge für die nette Zusammenarbeit und das bereitstellen der Bilder. DANKE!

 

 

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Posterlounge (Sponsored Post)

 

Comments

  • 23. Juni 2016
    reply

    Vor ein paar Jahren habe ich zum ersten und auch letzten Mal Drucke von ihr gesehen und mich sofort verliebt. Ich mag ihren Stil, ihre Bilder, sehr. Zwei dieser Drucke hängen an immer anderen Wänden im Haus, weil ich sie so mag.
    Chapeau!
    Hab Dank für deinen tollen Post, ich habe jedes Wort verschlungen!
    Liebe Grüße … Frauke

  • 29. Juni 2016
    reply
    Rosina

    Es hat mir total Spaß gemacht, deinen Post zu lesen; wieder was dazu gelernt und noch dazu auf so unterhaltsame Weise. Vielen Dank dafür!

  • 5. November 2016
    reply

    Danke für diesen interessanten Artikel! Wieder etwas Neues (kennen)gelernt und die Bilder bzw. der Stil ist einfach richtig klasse, genau mein Ding! Da muss ich mich doch gleich mal umschauen, sowas hätte ich auch gern zu Hause! :D
    Viele Grüße

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